Religionen

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Religionen

Im Schrecken des Waldes der Geist erwacht

Riesenkräfte zum Himmel reichen

Entsprungen der Wildnis die Alben bei Nacht

Naturmächte den Göttern weichen

Bis nach einem Gott die Menschen sich sehnen

Technik, Wirtschaft ohne Ruh' und Rast

Im Buch der Natur Gesetze sie wähnen

Der letzte Gott im Kosmos verblaßt

Um den Übergriffen der Naturgeister zu entkommen, ersonnen die Menschen vielerlei Listen. Im (griechischen) Wort Mechanik ist bis heute die Bedeutung vom Überlisten der Natur erhalten geblieben. Mit dem Bau nützlicher Geräte (zur Überlistung der Natur) begann die Übung der Menschen in den Handwerken. Zu den besonders wichtigen Fertigkeiten (Techniken) zählte die Nutzung des Feuers. Die Fähigkeit zum Entfachen von Feuer durch Reibungswärme diente nicht nur zum Wärmen in der Kälte, dem Garen von Fleisch und dem Schutz vor wilden Tieren, sondern auch zum Jagen von Tierherden sowie zum Schmieden von Werkzeugen und Waffen.

Mit dem Seelenglauben hatten die Menschen ihre Lebensvorstellungen auf die Natur übertragen. Von den Geistern, die sie als Urheber ihres Schreckens ansahen, übernahmen sie die List, selbst ein Geist in der Natur zu werden. In der germanischen Mythologie gibt es einen Gott Loki, der seinen Namen der Feuerlohe verdankt und besonders verschlagen und hinterhältig beschrieben wird. Im Gegensatz zu dem germanischen ghost oder der griechischen Panik, meint das Wort Geist auch das Denkvermögen und die Sprachbegabung der Menschen. Diese Wortbedeutung entstammt dem griechischen Wort für Geist (nous). Im alten Griechenland begann vor mehr als 3000 Jahren der Wandel von den Mythen zu den Künsten, vom Handwerk zur Mechanik, von den Geistern über die Götter zum Geist der Wissenschaft. Die damals begonnene Aufklärung über die Mythen ist bis heute nicht abgeschlossen. Mit der Aufklärung verbanden schon die altgriechischen Freunde der Weisheit (Philosophen) die Aufforderung an ihre Mitmenschen, sich ihres eigenen Verstandes zu bedienen und nicht unwidersprochen den Gedanken der Autoritäten (Könige, Priester) zu folgen. Du solltest auch heute noch in dem Gerede der Eltern, Lehrer und Politiker darauf achten, ob das, was sie sagen, überhaupt selbst nachgedacht worden ist, oder bloß nachgeplappert wird: Was viele glauben ist selten wahr, schon gar nicht, wenn es in der Bibel oder dem Koran steht! Die alten Geschichten der Juden, Christen und Moslems sind Mythen wie andere auch.

Die Kritik an den Mythen und die Entwicklung erster Wissenschaften (Astronomie, Mathematik und Musik) ist als die großartigste Leistung der Menschen anzusehen! Die Wissenschaften erwuchsen der Erkenntnis (Epistemik) durch weise Betrachtung (Theorie) und sprachliche Klarheit (Logik). Leider sind die meisten unserer Artgenossen bis heute nicht auf dem Entwicklungsstand der altgriechischen Gelehrten. Denn mit der Eroberung Griechenlands durch die Römer und der Verbindung von staatlicher und kirchlicher Macht im Pabsttum begann die Unterdrückung der griechischen Aufklärung und die Vernichtung der Naturreligionen. Die Zerstörung der vorchristlichen Kulturen wird heute beschönigend Christianisierung genannt. In Wahrheit handelte es sich um Völkermorde! Der Eifer der Christen in der Vernichtung der als Heiden und Ketzer verschmähten Nichtchristen oder (vom rechten Glauben) Abtrünnigen war grenzenlos. Wer die Taufe verweigerte, wurde mit dem Tode bestraft! Die qualvollsten Tötungsformen sollten den Widerstand auch des letzten Bewahrers naturwüchsiger Lebensformen brechen. Die christlichen Gebote galten natürlich nicht für die Heiden! Millionen von Menschen wurden seither als Heiden und Ketzer verbrannt. Weitere Millionen fielen den zahllosen Religionskriegen zum Opfer. Protestanten und Katholiken, Sunniten und Schiiten, Christen und Moslems bekriegen sich noch heute. Zahllose Abspaltungen und Sektenbildungen haben weltweit zu einem sinnlosen Gemetzel geführt. Ein Ende ist nicht abzusehen.

Die Zerstörung vorchristlicher Lebensformen sollte total sein. Auf germanischen Kultstätten wurden Kirchen gebaut, heilige Haine und Eichen wurden niedergebrannt oder gefällt. Das Julfest wurde zur Geburtsfeier Christi, die Frühlingsfeste zur Trauerfeier der Kreuzigung. Die kulturelle Entwicklung Griechenlands konnte erst nach über 1000 Jahren christlicher Schreckensherrschaft fortgeführt werden. Die Namen einiger vorchristlicher Götter haben sich aber in den Namen der Planeten (z. B. Jupiter, Venus) und Wochentage halten können. Im romanischen Sprachraum entsprechen sie den römischen, im germanischen Sprachraum den germanischen Göttern. Kennst du einige Götternamen und die entsprechenden Wochentage?

Aus dem Seelenglauben der Menschen ging die Vorstellung hervor, im Wirken der Natur seien lebendige Wesen am Werk. So wurden Naturereignisse, wie Gewitter oder Vulkanausbrüche, als Tat von Riesen (Titanen, Giganten) angesehen. Die listigen Nachkommen der Riesen waren die Götter. In langwierigen Kämpfen gewannen sie die Oberhand und übernahmen die Herrschaft über Natur und Menschheit. So steht es jedenfalls in den Mythen. Geister, Riesen und Götter sind natürlich Erfindungen der Menschen in ihrem Bemühen, sich in der Natur zu behaupten und die Welt zu verstehen. Der Glaube der Juden, Christen und Moslems an einen Gott begann schon bei den Hebräern (Jahwe) und Kanaanitern (El). Er ist aber bloß ein Absehen von den (jeweiligen!) Verschiedenheiten der Götter. Das Absehen von Verschiedenheiten, die Zusammenfassung unter einen Oberbegriff, wird auch Abstraktion genannt. Abstraktionen erzeugen aber keine wirklichen Dinge, sie vermitteln bestenfalls Einsichten. Ein Gott existiert ebensowenig wie andere Mythengestalten, etwa Einhörner oder Elfen.

In den Mythen werden die vielfältigsten Auseinandersetzungen zwischen Menschen und Naturgewalten beschrieben. Mit den Göttern erfinden sich die Menschen gleichsam Schutzmächte, die für sie den Kampf mit den Naturgewalten, den Riesen, bestehen. Im Aufklärungsmärchen vom tapferen Schneiderlein behauptet sich ein Mensch durch List gegenüber der Natur und den Mythen. Er meistert die Naturgewalten (Riesen), überwindet das Wilde (den Eber) und entzaubert das Mythische (das Einhorn). Einmal in die Welt entlassen, stellen sich dem Menschen die Aufgaben. Ihre Lösungen gelingen eher durch die List der Aufklärung als durch die Gewalt der Religionen. Habe nur den Mut, deine Vernunft zu gebrauchen! Erprobe sie im Streit mit deinen Mitmenschen!

Die neuzeitliche Naturwissenschaft (scientia nova) ging hervor aus der Verbindung von Epistemik (Erkenntisvermögen), Theorie (weiser Betrachtung), Technik (Kunstfertigkeit) und Mechanik (List); kurz: aus Philosophie und Arbeitserfahrung. Die Entwicklung der Naturwissenschaft begann mit der Astronomie bereits in der griechischen Antike, konnte aber erst in der Renaissance fortgesetzt werden. Zahlreiche Künstler und Gelehrte fielen noch im 17. Jahrhundert den Folterknechten der Kirche zum Opfer. Im Jahre 1600 wurde der Nolaner Naturphilosoph Giordano Bruno als Ketzer verbrannt. Er hatte öffentlich von der Vorstellung eines unendlichen Weltalls und einer Vielzahl von Welten im Kosmos gesprochen. Der Naturforscher Galileo Galilei aus Pisa entging 1633 nur durch Abschwörung dem Todesurteil. In seinem Dialog über die zwei Weltsysteme hatte er die Sonderstellung der Erde als Mittelpunkt der Welt angezweifelt. Sein Trägheitsprinzip gehört zu den Grundlagen der Mechanik. Nach ihm verlaufen ungestörte Bewegungen geradlinig und gleichförmig (mit konstanter Geschwindigkeit).

Aber gleichsam als Wolf im Schafspelz unterminierten die Naturphilosophen den kirchlichen Unfehlbarkeitsanspruch. Im Weltbild der Mechanik galt Gott als Gesetzgeber der Welt. So wie eine (menschliche) Tat mit Bezug auf ein Rechtsgesetz einen Täter vermuten läßt, wurden die Naturereignisse der gesetzmäßigen Wirkung von Kräften (den Tätern) zugeschrieben. Im Absolutismus entsprach die (menschliche) Gesellschaft der Ordnung im Kosmos. Wie der vom Papst gekrönte Kaiser der Gesetzgeber der Menschen war, gab Gott dem Kosmos die Naturgesetze. Den Regeln menschlichen Zusammenlebens entsprachen die Gesetze, nach denen sich die Materieteilchen in der Raumzeit bewegen. Ihre Erforschung galt als Gottesdienst.

Der Naturphilosoph Isaac Newton stellte sich ab 1666 die Aufgabe, aus der Bewegung der Erde um die Sonne, das Kraftgesetz aufzuspüren. Aus der Tat und dem Gesetz sollte dann der Tathergang erschlossen werden: die Entstehung des Planetensystems. Die Planeten umrunden auf einfachen Ellipsenbahnen die Sonne. Demgegenüber bewegen sich die Körper auf der Erde in höchst komplizierter Weise: Betrachte z. B. Wellen am Strand oder Blätter im Wind. Newton tat gut daran, mit der Berechnung der einfachen Planetenbahnen zu beginnen. Um aus der Umlaufzeit und der Entfernung der Erde (von der Sonne) auf ein Kraftgesetz schließen zu können, machte er einige Annahmen über die verursachende Kraft. Im Anschluß an Galilei unterstellte er eine geradlinige und gleichförmige Bewegung als kräftefrei. Jede Abweichung von der ungestörten Bewegung sollte von Kräften verursacht werden! D. h. Kraft und Geschwindigkeitsänderung (Beschleunigung) sollten proportional sein! Stimmt deine Auffassung von Kraft mit der Newtons überein? Was verstehst du unter Kraft? Die Größe der (physikalischen) Kraft wird durch die Newtonsche Gleichung bestimmt: F = m a (Dabei steht F für die Kraft, m für die Masse und a für die Beschleunigung des Körpers). Für eine ungestörte (ideale) Bewegung gilt a = 0. Also ist auch F = 0.

Die vermuteten Kräfte verraten sich durch Störungen der idealen Bewegungsform. Planetenbahnen und Kraftgesetz werden in mathematischer Schreibweise formuliert. Ist Mathematik die Sprache der Natur? Damit sich die Erde um die Sonne bewegen kann, muß eine Kraft auf sie wirken, die sie auf der Ellipsenbahn hält. Andernfalls verschwände sie aufgrund ihrer Anfangsgeschwindigkeit in der Weite des Alls. Mit dem von Newton 1682 gefundenen und von Einstein bis 1916 verallgemeinerten Gravitationsgesetz wurde erstmals ein Gesetz formuliert, das die (wechselseitige) Anziehung zwischen Massen im Universum und auf der Erde beschreibt. Der Apfel fällt nach dem gleichen Gesetz vom Baum, nach dem sich die Erde um die Sonne bewegt und der Mond Ebbe und Flut bewirkt. Die in der Himmelsmechanik benutzte Kraftgleichung: F = m a, läßt nicht nur die Berechnung der (natürlichen) Planetenbahnen zu, sondern gestattet auch die Berechnung aller technischen Bewegungen in den zahlreich erfundenen Maschinen: seien es Schiffe, Lokomotiven, Flugzeuge oder Automobile. Durch Addition verschiedener Kräfte können die kompliziertesten Bewegungsformen ermittelt werden; auch die Bewegungen der Wellen am Strand.

Ist die Annahme eines gesetzgebenden Gottes in der Mechanik wesentlich? Können die Naturgesetze nicht ebenso wie der genetische Code aus sich selbst heraus entstanden sein? Daß alles eine Ursache hat, bedeutet nicht, daß es etwas gibt, das die Ursache von allem ist! Der vielleicht aus sich selbst heraus verständliche Kosmos wird nicht durch die Erfindung eines Gottes erklärbar! Denn was erklärt einen Gott? Und welcher Gott ist der Gott? Es gibt eine Naturwissenschaft (science) aber viele Religionen!

Geister, Götter und sonstige Gespenster erwuchsen dem Schauder der Frühmenschen, die sich ungeschützt der rohen Natur ausgesetzt fühlten. Sie hatten Mühe, die vielfältigen Naturereignisse zu verstehen und sich in ihrer Umgebung zurechtzufinden. Gejagt von wilden Tieren und gepeinigt von wirren Träumen versuchten sie, durch erfundene Geschichten etwas Ordnung ins Chaos ihrer Erlebnisse zu bringen. Die so entstandenen Mythen sind in Märchen und Religionen überliefert. Wer noch heute sein Leben durch Rückbindung (re-ligio) auszurichten versucht, gibt damit zu erkennen, daß er Angst vor der eigenen Verantwortung für sich hat und nicht in der Lage ist, sein Leben selbst zu gestalten. Bereits im 18. Jahrhundert wandten sich die bürgerlichen Revolutionäre mit ihren Fordeungen nach Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit nicht nur gegen den Adel. Auch die christlichen Maximen: glaube, liebe, hoffe! wurden als vernunftwidrig kritisiert. Das Vernunftprinzip der Wissenschaft ermöglicht aus sich heraus eine freie, gleiche und brüderliche Lebensweise. Die weltweit zwischen verschiedenen Kulturen und Volksgruppen von den Wissenschaftlern vorgelebten Umgangsformen können auch als Maßstab politischen Handelns angesehen werden. Leider haben die meisten Menschen Angst vor der Freiheit. Willig folgen sie ihren Verführern - bis sie sich vor der Glotze mit Nikotin und Alkohol zu Tode amüsieren oder im Gift ihrer Autoabgase verenden ...

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