Von den qualitativen Entwicklungsbeschreibungen der Philosophen sind wir zu den
quantifizierbaren Verlaufsgesetzen der Physiker gelangt. Die Entwicklung des Einen
aus der Einheit und dem Kampf der Gegensätze hat uns zu einem Extremalprinzip der
physikalischen Information geführt. Die Energieoptimierungen in der unbelebten
Natur und die Selektion der bestangepaßten Lebewesen fanden ihre Fortsetzung in der
Strategie der Vernunft. Wechselwirkung, Sex und Kommunikation zwischen Elementarteilchen,
Lebewesen und Gesellschaften treiben die Entwicklung voran. Allen Entwicklungsprinzipien
gemeinsam sind Abstraktion
und
Ideation
durch Invarianz und
Optimierung. Durch ihren Gültigkeitsbereich und ihre Genauigkeit sind wissenschaftliche
Theorien als je verbesserte Annäherungen an den Kosmos, die Biosphäre und die
menschliche Gesellschaft formulierbar.
Im Anschluß an die Physik kann Optimierung als die einfachste Form von Veränderung aufgefaßt werden. Aber ist sie auch die beste Form, d.h. wird durch sie eine Veränderung zum Besseren erreicht? In der Natur werden Energie und Information optimiert. Boltzmann und Darwin haben je verschiedene Optimierungsstrategien formuliert, die sich aus einer gemeinsamen Schrödingergleichung herleiten lassen. D.h. die Energiedynamik der Materieverteilung und die Informationsdynamik der Populationsverteilung sind Spezialfälle einer Optimierungsstrategie.
Evolutionäre Strategien werden durch Mutationen und Selektionen realisiert. Dabei
erzeugen Mutationen Möglichkeiten, die durch Selektionen bewertet werden. Die
Dynamik einer Strategie läßt sich als Suchfunktion x(t) in einem Möglichkeitsraum
X beschreiben, die alle globalen Optima der Fitneßfunktion F(x) auf X erreichen
soll. Für eine Vielzahl von Suchern charakterisiert P(x,t) die
Wahrscheinlichkeitsdichte der Sucher im Zustand x zur Zeit t oder die
Aufenthaltswahrscheinlichkeit eines Suchers im Zeitverlauf.
Die Wahrscheinlichkeitsverteilung P(x,t) der Boltzmannstrategie mit der stationären Verteilung
genügt folgender Fokker-Planck-Gleichung:
Der Diffusionskoeffizient D drückt die Art und Weise aus, wie die Mutationen vollzogen bzw. die Fluktuationen wirksam werden. Mit F ist die Fitneß im Suchraum der Möglichkeiten gemeint, ist die inverse Temperatur, t steht für die Zeit und x bezeichnet die Suchvariable. Sie genügt der Langevin-Gleichung für eine Diffusionsbewegung durch Gauß'sches weißes Rauschen :
D.h. die Zeitentwicklung der Sucher wird bestimmt durch eine Driftbewegung, die
von Fluktuationen überlagert wird.
Für die Wahrscheinlichkeitsverteilung P(x,t) der Darwinstrategie kann folgende Fokker-Planck-Gleichung hergeleitet werden:
Der erste Summand beschreibt den Reproduktions-Selektions-Term. steht für die Selektionsrate und für die mittlere Fitneß. Der Diffusionskoeffizient D ist proportional zur Mutationsrate.
Im diskreten Fall ist die Darwinstrategie als Matrixgleichung zu formulieren. Mit Hilfe des Hamilton-Operators und dem Ansatz:
ergibt sich folgende Schrödingergleichung:
Die Dynamik der Wahrscheinlichkeitsverteilung folgt dabei der Gleichung:
Bis auf eine Transformation der Fitneßfunktion sind Boltzmann- und Darwinstrategie
gleich. Beide können in einheitlicher Form durch eine Schrödingergleichung beschrieben
werden. In beliebigen Fitneßlandschaften bzw. Möglichkeitsräumen wird sich im
allgemeinen eine kombinierte Boltzmann-Darwin-Strategie bewähren, in der die
Boltzmannsucher einer Darwinselektion unterzogen werden.
Die Entwicklung physikalischer Systeme wird durch die Parameter und D der inversen Temperatur und des Diffusionskoeffizienten bestimmt. In biologischen Systemen entsprechen ihnen Selektions- und Mutationsrate. Die Fitneß wird im Such- oder Möglichkeitsraum definiert. Wonach aber jeweils gesucht bzw. woraufhin optimiert wird, bleibt offen. Bei physischen Systemen ist es in der Regel die Energie, bei biotischen sind es die Gene. In kapitalistischen Gesellschaften ist es das Geld, das optimiert wird und die Optimierung physikalischer Theorien folgt EPI.