Nachdem Einstein auf den ,,tiefgreifenden formalen Unterschied`` zwischen den Grundannahmen der Mechanik und Elektrodynamik, also auf den antithetischen Modus (siehe S. 5) einer diskontinuierlichen Verteilung von Massenpunkten gegenüber einem kontinuierlichen Feld hingewiesen hatte, fährt er fort: ,,Die mit kontinuierlichen Raumfunktionen operierende Undulationstheorie des Lichtes hat sich zur Darstellung der rein optischen Phänomene vortrefflich bewährt und wird wohl nie durch eine andere Theorie ersetzt werden. Es ist jedoch im Auge zu behalten, daß sich die optischen Beobachtungen auf zeitliche Mittelwerte, nicht aber auf Momentanwerte beziehen, und es ist trotz der vollständigen Bestätigung der Theorie der Beugung, Reflexion, Brechung, Dispersion etc. durch das Experiment wohl denkbar, daß die mit kontinuierlichen Raumfunktionen operierende Theorie des Lichtes zu Widersprüchen mit der Erfahrung führt, wenn man sie auf die Erscheinungen der Lichterzeugung und Lichtverwandlung anwendet. Es scheint mir nun in der Tat, daß die Beobachtungen über die schwarze Strahlung, Photolumineszenz, die Erzeugung von Kathodenstrahlen durch ultraviolettes Licht und andere die Erzeugung bzw. Verwandlung des Lichtes betreffende Erscheinungsgruppen besser verständlich erscheinen unter der Annahme, daß die Energie des Lichtes diskontinuierlich im Raum verteilt sei'' (33., S. 132f).
Unter dem Titel: ,,Über eine die Theorie der schwarzen Strahlung betreffende Schwierigkeit`` überlegt er sich dann anhand eines Hohlraummodells, in dessen Volumen sich Gasmoleküle und Elektronen frei bewegen und an dessen Wänden sich an Raumpunkte elastisch gekettete Elektronen (Resonatoren) befinden, daß für den Mittelwert <E> der Energie der geradlinigen Schwingbewegung von Resonatorelektronen nach Wechselwirkung mit Gasmolekülen im Gleichgewicht aus der kinetischen Gastheorie folge:
Einstein schreibt weiter: ,,Eine ähnliche Überlegung machen wir jetzt bezüglich der Wechselwirkung der Resonatoren und der im Raume vorhandenen Strahlung. Hr. Planck hat für diesen Fall die Bedingung des dynamischen Gleichgewichtes abgeleitet'' (34., S. 99) ,,unter der Voraussetzung, daß die Strahlung als ein denkbar ungeordneter Prozeß betrachtet werden kann'' (33, S. 135). Er fand:
Mit als mittlere Resonatorenenergie der Eigenfrequenz , c als Lichtgeschwindigkeit, als Frequenz und als spektrale Energiedichte.
Die Gleichsetzung von (4.3.1) und (4.3.2) ,,als Bedingung des dynamischen Gleichgewichtesërgibt:
ein Ausdruck, der als ,,Schwierigkeit'' die UV-Katastrophe zur Folge hat (vgl. 33., S. 136).
Nach der Überschrift: ,,Über die Plancksche Bestimmung der Elementarquanta`` fährt Einstein fort: ,,Wir wollen im folgenden zeigen, daß die von Hrn. Planck gegebene Bestimmung der Elementarquanta von der von ihm aufgestellten Theorie der schwarzen Strahlung bis zu einem gewissen Grade unabhängig ist'' (33., S. 136). ,,Aus der allen bisherigen Erfahrungen genügenden Planckschen Formel`` (35., S. 561) für
(mit den experimentell bestimmten Konstanten ) folge für große Werte von , d.h. für große Wellenlängen und Strahlungsdichten:
ein Ergebnis, das in Übereinstimmung mit (4.3.3) ergebe:
woraus wiederum in befriedigender Weise N berechnet werden könne.
Einstein gelangt dann zu dem Schluß: ,,Je größer die Energiedichte und die Wellenlänge einer Strahlung ist, als um so brauchbarer erweisen sich die von uns benutzten Grundlagen; für kleine Wellenlängen und kleine Strahlunugsdichten aber versagen dieselben vollständig'' (33., S. 137).
Auf der Grundlage des für große Werte von experimentell bestätigten Wienschen Gesetzes der schwarzen Strahlung:
zeigt Einstein weiter, daß für ,,die Abhängigkeit der Entropie S von dem von der Strahlung eingenommenen Volumen V`` die Beziehung gelte:
Und er folgert: ,,Diese Gleichung zeigt, daß die Entropie einer monochromatischen Strahlung von genügend kleiner Dichte nach dem gleichen Gesetze mit dem Volumen variiert wie die Entropie eines idealen Gases oder die einer verdünnten Lösung'' (33., S. 139).
Im Anschluß an die Boltzmann'sche Beziehung zwischen der Entropie S und der Zustandswahrscheinlichkeit W:
gelangt Einstein zu dem Schluß: ,,Ist monochromatische Strahlung von der Frequenz und der Energie E in das Volumen (durch spiegelnde Wände) eingeschlossen, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß sich in einem beliebig herausgegriffenen Zeitmoment die ganze Strahlungsenergie in dem Teilvolumen V des Volumens befindet:
Hieraus schließen wir weiter: Monochromatische Strahlung von geringer Dichte (innerhalb des Gültigkeitsbereiches der Wienschen Strahlungsformel) verhählt sich in wärmetheoretischer Beziehung so, wie wenn sie aus voneinander unabhängigen Energiequanten von der Größe bestünde'' (33., S. 143f):
Die Frage, ,,ob auch die Gesetze der Erzeugung und Verwandlung des Lichtes so beschaffen sind, wie wenn das Licht aus derartigen Energiequanten bestünde'' (33., S. 144), beantwortet Einstein u.a. in Verbindung mit der Aufhebung der Schwierigkeiten bei der undulationstheoretischen Behandlung des Photoeffektes: Die kinetische Energie T der durch das Licht freigesetzten Elektronen sei
wenn A die Austrittsarbeit von Elektronen bezeichne (33., S. 146). Einstein schreibt dazu: ,,Mit den von Hrn. Lenard beobachteten Eigenschaften der lichtelektrischen Wirkung steht unsere Auffassung, soweit ich sehe, nicht im Widerspruch'' (33., S. 147).
Aus seinem Interesse an Vereinheitlichung kommt Einstein nach Vorstehendem durch seine Untersuchung der Hohlraumstrahlung also zu der Erkenntnis (vgl. 5, S. 19), daß sowohl die Mechanik als auch die Elektrodynamik nur in Grenzfällen Gültigkeit beanspruchen können (vgl. Glgn. 4.3.3, 4.3.10). Dabei nimmt er kühnerweise an, Licht im Gegensatz zur Wellenoptik bestehe aus voneinander unabhängigen Energiequanten (Photonenhypothese).
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Ingo Tessmann