Der Mensch ist von Natur aus Kulturwesen. Mit dem Übergang vom Jäger und Sammler
zum Ackerbauern und Viehzüchter im Zuge der neolithischen Revolution entwickelten
sich die frühen Hochkulturen der Stadtstaaten. Die Naturressourcen fruchtbarer
Uferregionen erbrachten durch rationelle Bewirtschaftung einen Überschuß, der die
Befestigung der Städte, die Ausrüstung von Armeen und den Bau gewaltiger Grabmähler
und Observatorien ermöglichte. So wußten sich die Stadtstaaten zu stabilen Gesellschaften
zu organisieren und mit Erfolg gegen Naturkatastrophen und die Angriffe der verbliebenen
Nomadenvölker zu erwehren. Im Schutz der Stadtmauern erblühten die Handwerke, Künste und
Wissenschaften. Abenteurer und Händler erschlossen Seewege und Landpfade im Mittelmeerraum,
dem Orient und Asien. Staatsorganisation, Kriegstechnik und Gehorsamsreligion verbanden sich
zum römischen Großreich. Der kriegerische Missionseifer der Christen und Islamisten unterwarf
die Heiden und Ungläubigen vieler anderer Völker.
Die Völkermorde des Mittelalters und der Neuzeit wurden begleitet von Habgier und Fremdenhaß. Wir sind die Nachfahren der Sieger im Überlebenskampf unserer Vorfahren. Staatslenker und Religionsführer haben es immer wieder verstanden, die menschliche Aggressionsbereitschaft für ihre Ziele einzusetzen. Bis heute ist kein Ausweg aus dem Dilemma gefunden worden, daß die Massen unter widrigen Randbedingungen leicht für unlautere Kriegsziele gewonnen werden können. In den kapitalistischen Gesellschaften der westlichen Zivilisation vermochte der Wohlstand zwar Habgier und Fremdenhaß einzudämmen; Religionseifer, Aberglaube und Sektenbildungen gedeien aber nach wie vor. Der friedfertige Umgang mit der menschlichen Aggressionsbereitschaft durch kontrollierte Förderung von Konkurrenz in Politik und Wirtschaft, Technik und Wissenschaft sowie organisierter Wettkämpfe im Sport und in der Popkultur vermag für Ausgleich zu sorgen. Eine Aufgabe der Philosophie wäre es, der menschlichen Religionsbereitschaft in ähnlicher Weise entgegenzuwirken. Die Suche nach dem Urgrund des Seins, nach Sinngebung des eigenen Lebens, wird zwar auch in den Wissenschaften betrieben, kann den nach einfachen Glaubenssätzen verlangenden Massen allerdings nicht gerecht werden. Die naturwissenschaftliche Kosmologie fasziniert durch Umfang und Tiefe ihrer Visionen, ist aber für den technisch und mathematisch ungebildeten Zeitgenossen viel zu kompliziert. Eine weitere Aufgabe der Philosophie wäre es daher, in Anknüpfung an das Alltagsverständnis, einen für jeden gangbaren Weg in die Weite der Kosmologie aufzuzeigen.