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Aufklärung über die Mythen

Die schriftlich überlieferten Mythen sind über 3500 Jahre alt. Zuvor wurden sie in Erzählungen und durch Nachahmung tradiert. Sie bildeten einen Hort der Ordnung und Geborgenheit. Im Gegensatz zur Unwirtlichkeit der rohen Natur, vermittelten sie eine Stammesidentität aus überlieferter und erfundener Geschichte, die wie ein roter Faden aus einem gemeinsamen Ursprung erwuchs. Dieser Ursprung basierte nicht nur die Stammesentwicklung, sondern auch die Natur als ganzes. D.h. im Mythos fielen Kultur und Natur noch zusammen. Die Natur wurde insgesamt als belebt und handlungsfähig gedacht. In ihre Kreisläufe hatten sich die Menschen einzuordnen, wenn sie überleben wollten. Die Sorge um Nahrung und Paarung, Geburt und Tod, Kleidung und Wohnung vollzog sich im Rahmen der kosmischen Ordnung von Tag und Nacht, Wärme und Kälte, Schutz und Gefahr. Die wärmende und erhellende Wirkung des Sonnenlichts wurde von vielen Kulturen rund um den Erdball verehrt. Über 5000 Jahre alte Megalithen und Pyramiden künden von vielfältigen Ritualen der Sonnenanbetung und genauen Kenntnissen des Sternenhimmels.

Die Lichtmetapher der Erleuchtung und das Kreislaufdenken aus der ewigen Wiederkehr von Tag und Nacht ist bis heute im indo-europäischen Denken wirksam geblieben. Auch die Belebtheit der Natur insgesamt wird in der modernen Naturphilosophie weitergedacht. Denn Elementarteilchen, Lebewesen und Universen lassen sich im Rahmen einer umfassenden Evolutionstheorie verstehen. Die Leichtigkeit des Lichts und die Schwere des Dunkels bilden nach wie vor die Metaphern für ein Gegenwirkungsprinzip, das gleichermaßen von den Atomen über die Biosphäre bis ins Universum wirkt. Die Entkopplung von Licht und Materie durch die Bildung von Atomen in der Geschichte unseres Universums registrieren wir noch heute in der allgegenwärtigen kosmischen Hintergrundstrahlung. Die Gegenwirkung von Kernfusion und Gravitation erhält über Milliarden von Jahren die Sterne am Leuchten. Und die Schwere, dunkle Materie, die über 80% der Galaxien ausmacht, ist das unerschöpfliche Reservoir für das Entstehen und Vergehen der Sterne.

Viele Aspekte der Naturreligionen lassen sich in der durch Vernunft aufgeklärten Naturphilosophie beibehalten. Sie könnten noch heute einen Humanismus aller Menschen auf der Erde basieren. Leider hat aber das semitische Denken der Gehorsamsreligionen die Oberhand behalten und ist weltweit auf dem Vormarsch.


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Ingo Tessmann
1/31/2000