Gödels Unvollständigkeitssatz
GEB
Zusammenfassung:
Eine poetische
Übersicht und grundsätzliche
Erläuterungen zum Gödel'schen
Unvollständigkeitsbeweis.
Das Verständnis des Gödel'schen Satzes wird erleichtert, wenn man von
der Epimenides-Paradoxie in der Quine'schen Form ausgeht:
Ergibt eine Unwahrheit, wenn sein Zitat vorangeht
ergibt eine Unwahrheit, wenn sein Zitat vorangeht.
Einem Satz das Zitat seiner selbst voranzustellen, wird auch quinieren genannt.
Das umgangssprachliche Zitat einer Unwahrheit ihrerselbst hat
Gödel
in einen Satz der Zahlentheorie übertragen. Sein Beweis läßt sich in einige
wesentliche Schritte unterteilen:
- Zahlenkalkül
- Als Zahlenkalkül werde die mit den Mitteln der Prädikatenlogik
formalisierte Arithmetik bezeichnet (vgl. Peano-Axiome).
- Gödelisierung
- Allen Ausdrücken des Zahlenkalküls werden (umkehrbar
eindeutig) Zahlen zugeordnet. D.h. jedem Satz des Kalküls entspricht genau
eine Satz-Zahl, die Gödelnummer. Auf die Umgangssprache
bezogen, entspricht die Gödelnummer dem Zitat eines Satzfragments.
- Beweispaar
- Die Eigenschaft, ein Satz des Kalküls zu sein, wird (innerhalb
des Kalküls) ausgedrückt durch Angabe eines ableitbaren Beweispaares:
B(a, a'). In ihm steht a für die Gödelnummer der Ableitung und a'
für die Gödelnummer des letzten Schrittes der Ableitung; also des Satzes
selbst. a' ist eine Satz-Zahl des Zahlenkalküls wird ausgedrückt
durch: . D.h. es gibt eine Ableitung mit der Gödelnummer
a, deren letzter Schritt die Gödelnummer a' hat. Es ist wichtig, zu beachten,
daß ein Beweispaar keinen (ableitbaren) Satz repräsentiert. Ein Beweispaar
erlaubt es lediglich, mit den Mitteln des Kalküls über die Ableitbarkeit
eines Satzes zu sprechen.
- Substitution
- Es werden alle freien Variablen eines Satzes durch
eine Zahl ersetzt. Dabei ist die Beziehung zwischen
- der ursprünglichen Gödelnummer a,
- der Zahl a', die eingesetzt wird,
- und der sich daraus ergebenden Gödelnummer a''
ableitbar. Diese Substitutions-Operation werde abgekürzt durch:
E(a, a', a''). Umgangssprachlich wird einem Prädikat ein Subjekt vorangestellt.
- Quinierung
- Um einen Satz des Kalküls herzustellen, der über sich selbst
spricht, ist eine Substitution mit der Gödelnummer des Satzes selbst
vorzunehmen: E(a', a', a''). Diese selbstbezügliche Substitution folgt der
Formulierung, die Quine der Epimenides-Paradoxie gab. Sie werde abgekürzt
durch: Q(a'', a'). D.h. a' ist die Quinierung von a'' (in E war es
umgekehrt). Wie der Vergleich mit der allgemeinen Substitution zeigt, hat
a'' bei der Quinierung eine doppelte Bedeutung! Umgangssprachlich stellt
die Quinierung einem Prädikat das Zitat seiner selbst voran.
Um einen Satz zu quinieren, in dem die Quinierung erwähnt wird,
ist die Quinierung mit dem entsprechenden Beweispaar zu verbinden:
Dieser Satz wird Gödels Onkel genannt. Umgangssprachlich bedeutet
er: ergibt eine Unwahrheit, wenn quiniert.
- Gödels Satz
- Sei u die Gödelnummer von Gödels Onkel. Dann ergibt seine
Quinierung Gödels Satz G:
G's Gödelnummer a' ist die Quinierung von u. G sagt aus, daß
es kein a gibt, das mit der Quinierung von u ein Beweispaar bildet.
D.h. G sagt von sich selbst aus, kein Satz des Zahlenkalküls zu sein!
Unter der Voraussetzung, daß der Zahlenkalkül widerspruchsfrei
ist, kann G nur wahr sein. D.h. es gibt einen wahren Satz des
Zahlenkalküls, der von sich selbst behauptet, daß er nicht ableitbar
ist!! Umgangssprachlich formuliert lautet Gödels Ergebnis: ergibt
eine Unwahrheit, wenn quiniert ergibt eine Unwahrheit, wenn quiniert.
Dieser Satz entspricht der ursprünglichen Quine'schen Version der
Epimenides-Paradoxie.
Ingo Tessmann
Sun Feb 18 20:15:31 MEZ 1996