Das Werden Jane Austens hat Jon Spence 2003 in seiner gelungenen Biographie Becoming Jane. A Life dargestellt. Wie schon Woolf geht auch Spence von den Lebensumständen aus, die Jane von Kind an geprägt hatten und sich ob ihres Schreibtalents früh Ausdruck verschafften. Ihren zumeist vernachlässigten Frühschriften widmet er seine besondere Aufmerksamkeit. Jane Austen wurde am 16. Dez. 1775 in ein Pfarrhaus in Steventon, Hampshire hinein geboren. Ihr Vater, George Austen, verfügte mit seiner Pfarrstelle und weiteren Nebeneinkünften über ein Einkommen von einigen 100 Pfund im Jahr. Damit hatte er sein Auskommen; aber ein Vermögen von mehreren 1000 Pfund machte seine Frau, Cassandra Leigh, zu einer guten Partie. Wie dem Jane Austen Handbook zu entnehmen ist, verdiente ein Hausmädchen damals etwa 10 Pfund im Jahr und ein Pferd kostete rund 300 Pfund. Der Kaufkraft entsprechend, ergäben 1000 Pfund seinerzeit einige 100 Tausend Dollar heutzutage. Man fragt sich, warum Cassandra überhaupt geheiratet hatte; denn ihre Erbschaft hätte ihr ein eigenständiges Leben ermöglicht. War es womöglich Liebe? Nur arme Frauen waren zur damaligen Zeit auf eine Versorgungs-Ehe angewiesen, in der sie in der Regel durch die Geburt vieler Kinder schnell verbraucht und hinfällig wurden. Fünf bis zehn Kinder waren normal und eine Geburt war für die Frau seinerzeit stets ein Risiko. Nicht selten starben die Mütter nach den vielen zehrenden Geburten bereits in jungen Jahren. Jane Austen war das siebte von den acht Kindern der Austens. Neben ihrer Schwester Cassandra hatte sie noch sechs Brüder: James, George, Edward, Henry, Frank und Charles. Während ihre Brüder, bis auf den behinderten George, studieren, anerkannte Berufe erlernen und Auslandsreisen machen konnten, blieb den beiden Mädchen nur der Hausunterricht durch den Vater. Lediglich gut ein Jahr verbrachten die beiden Schwestern zwischen 1785 und '86 in der Abbey School in Reading, eher ein Mädchenpensionat als eine Bildungseinrichtung. Der intelligenten und aufgeweckten Jane blieb nichts anderes übrig als das Selbststudium, um ihren Wissensdrang zu befriedigen. Zum Glück bot die Bibliothek ihres Vaters ausreichend Lesestoff. Unter den über 500 Bänden fanden sich auch die Werke Shakespeares, Scotts und Cowpers, die Jane ihr Leben lang begleiten sollten. An philosophisch-wissenschaftlicher und technisch-praktischer Literatur, wie z.B. der großartigen Enzyklopädie der französischen Aufklärer, dürfte es dem Pfarrer aber gemangelt haben, so dass die Bildung der Töchter einseitig konservativ-religiös und bieder-schöngeistig bestimmt geblieben war. Aber Jane war nicht nur eine verträumte Leserättin, früh entdeckte sie ihr Schreibtalent.
Bereits mit elf Jahren schrieb sie für den Hausgebrauch zur Unterhaltung der Familie: Der Besuch, eine Komödie in zwei Akten und Die schöne Cassandra, ein Roman in zwölf Kapiteln. Mit 15 machte sie sich in Die Geschichte Englands über die Geschichtsbücher lustig, die in der historischen Entwicklung nur eine Abfolge von Heldentaten großer Männer sahen. Als ihr Bruder Edward eine von drei Schwestern heiratete, widmete sie ihm 1791 Die drei Schwestern. In dieser frühen Romanparodie in Briefform machte sich die Jungautorin unterhaltsam über die jungen Frauen ihrer Umgebung lustig, die nichts anderes im Sinn hätten, als schönen und reichen Männern nachzustellen, um möglichst schnell, aber natürlich auch standesgemäß, heiraten zu können. Die monarchische Hierarchie unter King George III erstreckte sich über fünf Ebenen: Royalty, Aristocracy, Gentry, Tradesmen and Yeoman Farmers, The Great Unwashed. Der Standesdünkel des mittleren Landadels, der Gentry, dem sie angehörte, die Jagd nach Geld und der ewige langweilig-banale Klatsch und Tratsch ansonsten unterbeschäftigter Frauen, blieben zeitlebens die Zielscheibe ihres Spotts und der Ironie in ihren Romanen. Bekanntlich steckt in jedem Witz ein Körnchen Ernst und ebenso ist die Ironie nicht nur als Spaß gemeint. Jane Austen wusste sehr wohl um die große Bedeutung einer Versorgungsehe für ihre daneben häufig mittellosen Geschlechtsgenossinnen. Erbberechtigt im Patriarchat jener Zeit waren nur die Söhne. Und so blieb den Mittelschichts-Frauen neben der Unterstützung durch die Familie nur die gewinnbringende Heirat, wenn sie nicht in die Armut abgleiten wollten. Liebesheirat oder Versorgungsehe ist das durchgängige Thema all ihrer Romane. Sie selbst stand entschieden auf der Seite der Liebesheirat, die sie jeglicher Vernunftehe vorzog. Ihrer einzigen großen Liebe zu Tom Lefroy sollte eine Erfüllung aufgrund mangelnder finanzieller Mittel auf beiden Seiten versagt bleiben und die beiden Anträge der bloß wohlhabenden Freier Harris Bigg-Wither und Edward Bridges lehnte sie ab. Dabei schreckten sie wohl auch die vielen Belastungen des Ehelebens ab durch das ständige Schwanger werden und Gebären müssen. Wie hätte sie sich die Unabhängigkeit und Muße zum Schreiben bewahren können?
Bereits in ihrem frühen Briefroman Liebe und Freundschaft parodierte die 15jährige Jane nicht nur die übersteigert sentimentale Liebe ihrer Heldin Laura, sondern fand auch starke Worte der Entrüstung über eine reiche, ältere Adlige, die sich genussvoll einem jungen Glücksjäger hingab und ehelichte: Schnell hatte der Glücksjäger das Vermögen des lächerlichen alten Weibes durchgebracht, dessen Abgeschmacktheit, einen so jungen Mann zu heiraten, gebührend gebrandmarkt gehört hätte. Unter dem Motto Getäuscht in der Freundschaft, in der Liebe betrogen widmete Jane den Roman ihrer reichen und adligen Cousine Eliza, die mit ihrem Bruder Henry angebändelt hatte. Deren Humor dürfte auf eine harte Probe gestellt worden sein. Auch Janes erster vollständiger Roman Lady Susan, den sie 1794 abschloss, der aber erst nach ihrem Tod veröffentlicht wurde, bezieht sich auf eine ältere Lady und spielt wieder unschwer erkennbar auf Eliza de Feuillide an.
Liebe und Freundschaft hebt damit an, dass die junge, schmachtende Heldin auf der Stelle dem erstbesten Schönling verfällt: Als Laura des edlen Jünglings Edward ansichtig wurde, der unverhofft vor ihrer Tür stand, erkannte sie sogleich, daß Glück oder Elend meines künftigen Lebens von ihm allein abhängen mußte. Sich dem Wunsche seines Vaters heroisch widersetzend, warb der schöne Edward sogleich um Lauras Gunst: Wann, o wann, wird Ihre Hand mir als Lohn zuteil werden? Auf der Stelle, mein teurer und liebenswerter Edward. Laura konnte es mit der Heirat nicht schnell genug gehen und so ließen sie sich umgehend von ihrem Vater trauen, der zum Glück die geistliche Laufbahn eingeschlagen hatte. In Gesellschaft seines besten Freundes Augustus und seiner Frau Sophia, die zur Gänze aus Empfindsamkeit und Gefühl bestand, verlebten die Paare eine schöne Zeit: In Gesellschaft meines Edwards u. dieses liebenswerten Paares verbrachte ich die glücklichsten Augenblicke meines Lebens; aufs reizendste brachten wir die Zeit mit gegenseitigen Freundschaftsbeteuerungen und Schwüren unwandelbarer Liebe zu. Lauras Liebesverzückungen wichen allerdings bald Trübsalsbekundungen; denn aufgrund einiger Verfehlungen hatten sich die Freunde aus dem Staub machen müssen: Kein Edward erschien.- Vergebens zählten wir die endlosen Augenblicke seiner Abwesenheit - vergebens weinten wir - vergebens seufzten wir gar - kein Edward kehrte zurück.
Würden Laura und Sophia ihre Liebsten je wiedersehen? Ja, aber anders als die beiden Schmachtenden es sich ersehnt hatten; denn als sie auf der Straße spazierend den Unfall eines Phaetons gewahrten und zur Unglücksstelle eilten, wurden ihre Augen von einem schrecklichen Schauspiel gebannt: Der Anblick zweier Gentlemans, höchst elegant gekleidet, doch in ihrem Blute schwimmend - wir traten näher - es waren Edward u. Augustus - ja, es waren unsere Gatten. Sophia stieß einen Schrei aus u. fiel ohnmächtig nieder - ich schrie auf u. verfiel auf der Stelle in Raserei. Nach über einer Stunde des Wehklagens brachte ein Seufzer Edwards Laura wieder zur Besinnung: O Edward, ich flehe dich an, erzähl mir, bevor du stirbst, was dir widerfuhr ... Das will ich, sagte er u. verschied nach einem tiefen Seufzer ... . Die Parodie des sentimentalen Romans ihrer Zeit muss der jugendlichen Jane viel Spaß bereitet haben. Aber es ist viel mehr als das; denn die Autorin macht sich insgesamt über die Form des Briefromans und über die fatal um sich greifende Wirkung der Leiden des jungen Werthers lustig, wie Martynkewicz in seiner Biographie hervorhebt. Bei Austen ist die Briefform nur noch ein überflüssiger Rahmen für einen kontinuierlichen Schreibfluss. Und hinsichtlich der sentimentalen Gehalte führt sie das Hohle und Unangemessene in der Schilderung von Leidenschaften und Schicksalsschlägen parodistisch vor Augen. Als Quintessenz des famosen kleinen Briefromans könnte man Sophias letzten Rat an Laura vor ihrem Hinscheiden ansehen: Werde wahnsinnig, sooft du willst, aber falle nicht in Ohnmacht.
Janes Bruder Edward hatte mehr Glück im Leben gehabt; denn Anfang der 1780er Jahre war er von dem reichen
und angesehenen Thomas Knight adoptiert worden, so dass im Notfall auch seine Schwestern versorgt waren.
Das mag ein Grund dafür gewesen sein, dass Jane sich wiederholt seines Namens bediente in ihren Romanen.
So taucht ein Edward als gefühlskontrollierter und integrer Gentleman wieder auf in dem Roman Sense
and Sensibility, den Jane 1795 zu schreiben begann unter dem Titel: Elinor and Marianne. Sinn und
Sinnlichkeit bzw. Verstand und Gefühl sind bekanntlich zwei Seiten eines jeden Menschen und Jane Austen
wird mit diesen beiden Aspekten aus dem weiten Spektrum menschlichen Verhaltens auch ihre eigenen Neigungen
projiziert haben. Auf den Konflikt zwischen Vernunft und Leidenschaft kommt die reife Autorin wieder
zurück in dem leider Fragment gebliebenen Roman Sanditon, den sie 1817 begann und eigentlich
Die Brüder nennen wollte. Darin erklärt ein älterer Sir Edward einer jüngeren
Charlotte in Verbindung mit der Poesie Robert Burns: Die vom leidenschaftlich erregten Gefühl
in der Brust eines Mannes angefachten Funken des Talents sind vielleicht unvereinbar mit einigen der
prosaischen guten Sitten im Leben, noch kann irgendeine Frau gerecht beurteilen, was ein Mann zu sagen, zu
schreiben oder zu tun getrieben wird durch die alles beherrschenden Impulse unermeßlicher Leidenschaft.
Kann sexuelles Verlangen einen Mann zu allem treiben? Wenn eine Autorin eines Mannes Bekenntnis dazu
äußern lässt, zeugt das natürlich von subversiver Ironie. Und so vermutet Spence, dass Jane es
mit dem Titel Die Brüder auf ihre Brüder abgesehen hatte, die sich auf Kosten ihrer Frauen
offenbar hemmungslos sexuell befriedigten, ohne auf die Folgen Rücksicht zu nehmen: Zwei ihrer
Schwägerinnen waren bereits im Kindbett gestorben, während die dritte unmittelbar vor Janes
Augen von einer Schwangerschaft nach der anderen geschwächt wurde. An der Geburt ihrer dritten
Tochter Mary war auch die Frauenrechtlerin Mary Wollstonecraft 1797 gesorben. Die Traumata der hohen
Kinder- und Müttersterblichkeit verarbeitete die Tochter später in den Unsterblichkeitsphantasien
ihres Helden Frankenstein.
Außer in Love and Friendship und Lady Susan thematisierte Jane die wechselhafte, aber dennoch mit der Ehe vollendete Liebschaft zwischen ihrer Cousine Eliza und ihrem Bruder Henry in zwei weiteren Romanen. 1796 begann sie First Impressions, ein Entwurf, der später zu Pride and Prejudice umgeschrieben zu ihrem besten und erfolgreichsten Roman erkoren werden sollte. Dabei gestaltete sie die Annäherungen und Entfremdungen durch Stolz und Vorurteil zwischen den Romanfiguren Eliza und Darcy in Verkehrung der Geschlechtsrollen ihrer Cousine und ihres Bruders. Die Heiterkeit, der Witz und die Ironie in diesem mit vollendeter Prosa rhythmisch und vergnüglich komponierten Romans, entsprang darüber hinaus einer glücklichen Hochstimmung, in der sich Jane befand: hatte sie sich doch gerade in den Jura-Studenten Tom Lefroy verliebt. Zur literarischen Aussöhnung mit ihrer Cousine Eliza begann Jane wohl schon parallel zu ihrem nächsten Roman Sense and Sensibility an dem Entwurf Susan zu arbeiten, der bis 1802 abgeschlossen war, aber erst postum unter dem Titel Northanger Abbey veröffentlicht werden sollte. Als Vorarbeit dazu kann nach Janet Todd das kleine Frühwerk Catherine or The Bower von 1792 angesehen werden, in dem Austen mit der Laube einen Rückzugsort für die Phantasie der Heldin entwirft. Unabhängig vom glücklichen Ausgang durch die Heirat, hatte Jane in Northanger Abbey ihrer Heldin Catherine bereits eine hinreichend eigenständige und selbstzufriedene Lebensperspektive beschert. Und den Kummer ihres Bruders James nach Auflösung seiner Verlobung durch Isabella zugunsten einer Affäre mit einem attraktiven Offizier, lässt die Autorin kaum anklingen. Beide Haltungen im Roman dienten wohl auch der Verarbeitung ihrer eigenen dreijährigen Wartezeit bis zum Vergehen ihrer Liebe durch den Umstand, dass Tom sich nicht wieder bei ihr gemeldet hatte, bevor er nach Irland ging, um dort als Jurist Karriere zu machen. Claire Tomalin fasst zusammen: The first striking thing about these three early novels is that each approaches its subject in a radically different way. Sense and Sensibility is - roughly speaking - a debate, Pride and Prejudice a romance, and Northanger Abbey a satire, a novel about novels and novel reading.
Nach der Fertigstellung ihrer drei ersten großen Romane vergingen fast zehn Jahre bis zum nächsten
literarischen Vorhaben. Ein Grund dafür mag der Umzug nach Bath gewesen sein, den ihre Eltern als
vorteilhaft angesehen hatten; mit dem sich Jane aber nicht abfinden konnte. Zudem gab es immer wieder
Probleme mit der Veröffentlichung ihrer Romane. Erst 1811 bzw. 1813 erschienen Sense and Sensibility
bzw. Pride and Prejudice. Der Erfolg dieser beiden wohlformulierten und unterhaltsamen Liebesromane
ermöglichte den nächsten Werken die umgehende Publikation. 1813 konnte Jane Mansfield Park fertig
stellen und im Folgejahr mit der Arbeit an Emma beginnen. Zwischen 1811 und 1815 erschienen vier ihrer
sechs Hauptwerke und ihr Publikumserfolg bescherte der Autorin die finanzielle Basis für ein unabhängiges
Schriftstellerleben. Damit führte Jane Austen vor, dass eine talentierte und durchsetzungsfähige Frau
auch unter den widrigen Bedingungen der damaligen Zeit Erfolg haben konnte. 1816 hatte sie bereits ihren
nächsten Roman vollendet: Persuasion, mit dem sie zu neuen Ufern aufgebrochen war, und 1817 nahm
sie Sanditon in Angriff, ein Werk, das leider unvollendet blieb; denn am 18. Juli 1817 starb
Jane Austen, vermutlich am seltenen Versagen der Nebennieren. Die künstlerische Freiheit nach dem
Sprengen ihrer Grenzen konnte sie leider nicht mehr auskosten. Als Nachruf bleibt das spätere Lob
Walter Scotts hervorzuheben: The young lady had a talent for describing the involvement and
feelings and characters of ordinary life which is to me the most wunderful I ever met with.
Neben dem Erfolg beim Publikum und der offensichtlichen literarischen Qualität ihrer Romane, bleibt vornehmlich der Kontext ihrer Entstehung und Wirkung zu verfolgen. Stets waren es ihre eigenen Erfahrungen, die den Stoff ihres Schreibtalents bildeten. Konnte sich Jane in frühen Jahren an ihren Geschwistern und entfernteren Verwandten abarbeiten, bildete das leider einmalige Verliebtheitserleben ihres Frauseins mit Tom den Romangehalt der späteren Jahre. Ihr mehrjähriges Warten auf seine Rückkehr nach der kurzen Zweisamkeit spielt mehr oder weniger verhüllt eine wesentliche Rolle in ihren vier nach den zwei Erstveröffentlichungen erschienenen Werken. Auch die Wichtigkeit des richtigen Zeitpunkts und die Bedeutung des Zufalls in ihren Auswirkungen auf das Liebesleben paarungsbereiter Artgenossen hatte Jane trotz ihres beschränkten Erfahrungshorizonts richtig eingeschätzt und immer wieder gekonnt dramaturgisch und unterhaltsam ausgestaltet. Ebenso verstand sie ihre Abneigung gegen den Umzug nach Bath und ihre lang andauernde Auseinandersetzung damit, literarisch fruchtbar zu machen. Bath widmet sie jeweils eine besondere Aufmerksamkeit in den Romanen Northanger Abbey und Persuasion. Titelgebend waren die Orte für Mansfield Park und dem Fragment Sanditon; in Sense and Sensibility ist das Cottage der Handlungsmittelpunkt und in Pride and Prejudice spielt das Anwesen Pemberley eine herausragende Rolle. Die besondere Bedeutung Shakespeares für Austen hebt Todd in ihrer Introduction hervor: A Midsummer Night's Dream hangs over Mansfield Park, whose erotically subjected characters wander through woods loving the wrong people, while The Tempest and A Winter's Tale come close to Persuasion with its enchantments and romantic elegiac mood. Bevor ich mich vor allem den drei zumeist weniger beachteten, aber gleichwohl gehaltvolleren Romanen zuwende, will ich eine stichwortartig geraffte Gesamtschau der sechs Hauptwerke vorausschicken:
Begonnen in den 1790er Jahren und erst 1816 abgeschlossen, knüpft der Roman an die Traditionen des sentimentalen- und Schauerromans an. Seine Heldin Catherine Morland, a young woman upon her entrance into life, hat mit ihrer Freundin Isabella Thorpe zunächst die Lustbarkeiten in Bath auszukosten, um dann im Schauerkloster Northanger über ihre durch die Lektüre einer gothic novel hervorgerufenen Schreckensvisionen hinweg zu kommen. Zur Aufklärung über den vermeintlichen Horror verhilft ihr ausgerechnet der Pfarrer Henry Tilney, dem sie am Ende verfällt und das JA-Wort gibt.
1811 als Austens erster Roman erschienen, greift diese éducation sentimentale den Gegensatz von Verstand und Gefühl auf und gestaltet am Beispiel der vernünftigen Elinor Dashwood und ihrer leidenschaftlichen Schwester Marianne den zugleich verzückenden und betrüblichen Lebensweg in den Ehehafen. Während sich Elinor bereits frühzeitig, aber heimlich, in den schüchternen Vikariatsanwärter Edward Ferrars verliebt, erliegt Marianne erst einmal dem Charme des Draufgängers Willoughby. Dabei entgeht ihr, dass sich der integre Oberst Brandon in sie verliebt hat und Elinor ahnt nicht, dass Edward bereits heimlich verlobt ist. Nicht nur Sittsamkeit und Loyalität lassen ihn an der einst unbedacht eingegangenen Verlobung mit der niedlichen, aber dummen Lucy Steele festhalten; denn all seine Wünsche richteten sich auf häusliche Behaglichkeit und ein geruhsames Leben als Privatmann. Aber konnte er bei seiner Rechtschaffenheit, seinem Zartgefühl, seiner Bildung mit einer so ungebildeten, berechnenden und selbstsüchtigen Frau wie ihr zufrieden sein? Ihr Egoismus hilft dem Moralisten letztendlich aus der Klemme und was der einen Schwester Freud ist der anderen Leid. Nachdem Willoughby sich zu Gunsten einer reichen Lady aus dem Staub gemacht und Lucy ebenfalls einen wohlhabenderen Freier gewählt hat, winkt gleichwohl das Happy End mit einer Doppelhochzeit der Dashwoods.
Der brilliante satirische Auftakt hat Literaturgeschichte gemacht: Es ist eine allgemein anerkannte Wahrheit, daß ein Junggeselle, der ein beachtliches Vermögen besitzt, zu seinem Glück nur noch einer Frau bedarf. In dieser 1813 veröffentlichten comedy of manners geht es um die auf dem Lande lebende Familie Bennet, die fünf Töchter zwischen 15 und 21 Jahren unter die Haube zu bringen hat. Mr. Bennet hatte einstmals seine recht hübsche, aber eher einfältige Frau allein des Aussehens wegen geheiratet und erträgt sein klatschhaftes Weib nur noch mit launigem Humor. Während Lydia, die Jüngste, mit dem verführerischen Offizier Wickham durchbrennt und sich Jane, die Älteste, in den liebenswürdigen Bingley verliebt, stehen im Mittelpunkt der Handlung die wechselhaften Annäherungen und Entfremdungen des stolzen Darcy und der vorurteilenden Elizabeth. Bingley gefällt, wo er auch hinkommt, Darcy erregt überall Anstoß. Dennoch sind die beiden enge Freunde und so rechnet sich die Schwester Bingleys gute Chancen aus, Darcy für sich zu gewinnen; denn der ist nicht nur stolz, sondern auch gut aussehend und vor allem stinkreich. Trotz vielerlei Hindernissen und Widrigkeiten können die Bennets am Ende drei ihrer Mädels glücklich verheiraten.
1814 publiziert, behandelt das Buch die Geschichte der kleinen Fanny Price, die mit zehn Jahren aus ärmlichen Verhältnissen in das Anwesen reicher Verwandter geholt wird. Mit dem etwa gleichaltrigen Edmund und seinen zwei Schwestern aufwachsend, reift Fanny zu einer wohlgebildeten und ansehnlichen jungen Dame heran. Als die gut situierten Geschwister Mary und Henry Crawford für längere Zeit in Mansfield Park zu Besuch sind, muss Fanny mit Argwohn verfolgen, wie sich Mary um die Gunst Edmunds bemüht. Sich dabei über ihre heimliche Liebe zu Edmund klar werdend, sieht Fanny sich mit einem Heiratsantrag des Lebemannes Henry konfrontiert. Ihr bleibt keine andere Wahl als ihn ohne Erklärung abzulehnen; denn es wäre unschicklich, offen auszusprechen, was sie denkt: Man sollte es nicht für selbstverständlich halten, daß ein Mann jeder Frau, die er selbst zufällig leiden mag, auch gefallen muß. Schon ihr Schweigen verletzt den Standesdünkel ihrer Verwandten und sie wird wieder in ihr bescheidenes Zuhause zurückgeschickt. Während Fanny auf eine harte Probe gestellt wird, gewinnt Edmund die Aussicht auf eine Pfarrstelle. Da Mary ihn lieber als weltläufigen Anwalt gesehen hätte, kühlt sich ihre Zuneigung für ihn merklich ab. Als Fanny aufgrund eines Pflegefalles wieder nach Mansfield Park gebeten wird, kommt sie Edmund schließlich so nahe, dass sie sich ihre Liebe gestehen und heiraten können.
Der Roman, der a young lady's entrance into the world zum Thema hat, erscheint 1815. Im Mittelpunkt steht die intelligente, talentierte und gebildete Emma Woodhouse. Souverän und selbstbewusst führt sie das Landhaus ihres Vaters, der sich auf sein Altenteil zurückgezogen hat und sie gewähren lässt. Zu Selbstgefälligkeit, Überheblichkeit und Standesdünkel neigend, maßt sie sich immer wieder an, Ehen stiften zu wollen, obwohl es ihr an Einfühlungsvermögen und Situationsverständnis fehlt. Trotz ihrer künstlerischen Aktivitäten und gesellschaftlichen Verpflichtungen macht es ihr einfach Spaß, die Geschicke anderer Menschen bestimmen zu können. Der einzige gute Freund, den sie schon aus Kindertagen kennt, ist George Knightley. Aufgrund seiner größeren Lebenserfahrung sieht er stets ihr Unvermögen und kennt die Misshelligkeiten, die sie im Eifer des Gefechts anrichtet. Seine Mahnungen und Bedenken bleiben so lange ungehört, bis er den Eindruck gewinnt, dass Emma sich ernstlich in den jungen und attraktiven Frank Churchill verliebt zu haben scheint, obwohl sie vorgibt, nie heiraten zu wollen. Als sie zu ihrer grenzenlosen Überraschung erfährt, dass Frank schon länger heimlich verlobt ist, beginnt sie endlich selbst ihre Unachtsamkeit und Gedankenlosigkeit zu erkennen. Die in Knightley erwachte Eifersucht hatte auch ihm Aufschluss über die Gefühle seiner langjährigen Freundin gegenüber vermittelt und er bittet sie um eine Aussprache. Sehr selten enthalten menschliche Enthüllungen die volle Wahrheit, fast immer bleibt etwas verschleiert oder wird mißverstanden, aber wenn, wie in diesem Fall, zwar das Verhalten falsch, die Gefühle aber richtig sind, mag es unwichtig sein. Zu guter Letzt winkt einmal mehr das vollkommene Glück des Ehebundes.
Austens letztes vollendetes Buch wird zusammen mit Northanger Abbey 1818 aus ihrem Nachlass veröffentlicht. Mehr noch als ihr Frühwerk ist ihr letzter Roman literarischer Ausdruck ihres Aufbruchs zu neuen Ufern. Und darüber hinaus kann er wie ihr Lebenstraum als verhüllte Wunscherfüllung gelesen werden, endlich doch noch mit ihrer ersehnten Jugendliebe vermählt zu werden. Der mit 27 Jahren für damalige Verhältnisse nicht mehr ganz so jungen Heldin Anne Elliot umgibt eine dauernde melancholische Grundstimmung aus ihrer Befürchtung heraus, das Leben bereits hinter sich zu haben. Als Teenager hatte sich Anne in den Seemann Wentworth verliebt, seinen Antrag aber aufgrund des Einspruches ihrer Familie abgelehnt, da nicht hinreichend für ihr beider Auskommen gesorgt war. Jahre später treffen sich die beiden einst Verliebten wieder. Kapitän Wentworth hat unterdessen in den Seeschlachten gegen die Franzosen Ruhm und Reichtum erlangt. Die Voraussetzungen einer Ehe wären nunmehr gegeben, aber liebt Wentworth Anne denn noch? Können Männer überhaupt eine Liebe über Jahre erhalten? Als gute Partie wird der Kapitän von mehreren jungen Frauen umworben, entscheidet sich aber fraglos für Anne und überredet die noch Zögernde zur Heirat. Auch er hatte sich seine Liebe bewahrt und so können sie am Ende überglücklich in den Ehehafen einlaufen.