Theorie des kommunikativen Handelns

Sprachliche Äußerungen stellen einzelne sprachliche Handlungen dar, während sprachliche Ausdrücke durch sprachliche Handlungsschemata definiert werden, die stets zu Äußerungen aktualisiert werden können. Arten sprachlicher Ausdrücke sind etwa Sätze und Wörter.

Sprechakte (Äußerungen) sind die Einheiten menschlicher Rede; sie weisen einen Inhalt (propositionaler Gehalt, lokutionärer Akt) und einen Gebrauch auf (performativer Satz, illokutionärer Akt).

Aufgrund der Doppelstruktur von Äußerungen (Inhalt, Gebrauch), kommt Kommunikation nur dann zustande, wenn sowohl der propositionale Gehalt als auch der performative Satz der Äußerung verstanden werden.

Der illokutionäre Akt im Gegensatz zum propositionalen Gehalt entsteht erst dadurch, daß er vollzogen wird, wobei der Vollzug eines performativen Satzes eine Transformation von Ausdrücken in Äußerungen umfaßt. Die Analyse und Regeln dieser Transformation ist Aufgabe der Theorie kommunikativen Handelns.

Eine Diskussion über den Sinn des illokutionären Aktes wird Diskurs genannt. Durch seinen reflexiven Charakter und keinen empirischen Bezug unterscheidet sich ein Diskurs vom bloßen Informationsaustausch.

Kommunikativer Informationsaustausch setzt Verständigung voraus über:

  1. die Identifikation des performativen Satzes,
  2. die Bedeutung der zur Informationsbeschreibung verwendeten Wörter,
  3. den Geltungsauspruch der ausgetauschten Behauptungen,
  4. den Geltungsanspruch der zu befolgenden Handlungsnormen.
Kommunikation ist gestört, wenn die genannten Voraussetzungen problematisch sind. Eine Diskussion darüber führt auf die Metaebene des Diskurses, der folgende Formen annehmen kann:
  1. Interpretationen der Art des illokutionären Aktes,
  2. Explikation der verwendeten Wörter,
  3. Bergründungen der erhobenen Behauptungen,
  4. Rechtfertigungen der befolgten Normen.
Diskurse haben das Ziel, kommunikative Störungen auf illokutionärer Ebene zu beseitigen. Ihr Gelingen setzt Ernsthaftigkeit der Kommunikation voraus.

Wer ernsthaft sprachlich kommuniziert, erhebt implizit genau folgende Geltungsansprüche in seiner Äußerung:

  1. auf die Wahrhaftigkeit des illokutionären Aktes,
  2. auf ihre Verständlichkeit,
  3. auf die Wahrheit des propositionalen Gehaltes,
  4. auf die Richtigkeit der durch den performativen Satz empfohlenen Handlungsnormen, d.h.
  1. Absichten werden nicht nur vorgetäuscht,
  2. es wird nicht bewußt mehrdeutig formuliert,
  3. es wird nicht bewußt gelogen,
  4. es werden keine Handlungen empfohlen, die nicht auch selbst ausgeführt würden.

Die genannten Geltungsansprüche enthalten die Anerkennung von Gleichheitsprinzipien, die traditionell als Freiheit, Klarheit, Wahrheit und Gerechtigkeit auftreten. Die Erfüllung der Gleichheitsprinzipien ist das Kriterium für eine ideale Sprechsituation herrschaftsfreier Kommunikation.

Kommunikatives Handeln

Diskurs-
typen
Sprechakte Geltungsansprüche Unter-
scheidungen
Ideen
therapeu-
tischer
Repräsentativa Wahrhaftigkeit Wesen
->
Erscheinung
Freiheit
sprachlicher Kommunikativa Verständlichkeit Zeichen
->
Bedeutung
Klarheit
theoretischer Konstativa Wahrheit Sein
->
Schein
Wahrheit
praktischer Regulativa Richtigkeit,
Angemessenheit
Sein
->
Sollen
Gerechtigkeit