Noch heute versuchen die Gläubigen der abrahamitischen Religionen weltweit ihre 
Mitmenschen zu missionieren. Sie beschränken sich dabei nicht auf die weise 
Betrachtung der kosmischen Kreisläufe. Ihr Weltbild ist vielmehr streng hierarchisch 
aufgebaut. In einer linearen Abfolge erstreckt es sich vom allmächtigen Gott bis hin 
zum letzten Atom. Alles unterliegt der angenommenen Allmacht des Herrschers und wer 
ihn nicht anerkennt, wird notfalls mit Gewalt eines besseren belehrt. So nimmt es nicht 
wunder, daß die Menschheitsgeschichte seit der Anbetung des israelitischen Stammesgottes 
eine Geschichte von Religionskriegen gegen die Ungläubigen und Heiden geblieben ist. 
Dieser Vernichtungsfeldzug gegen die Naturvölker in den nichteuropäischen Erdteilen 
ist mit dem Zerfall der abrahamitischen Religionen in Juden, Christen und Moslems sowie 
einer Vielzahl von Teilsekten in ihnen, zu einem weltweiten Religionskampf ausgeartet, 
in dem jede Sekte danach strebt, der anderen durch Propaganda und Gewalt ihren Willen 
aufzuzwingen. 
Als aufgeklärter Philosoph mag man sich fragen, warum die Gehorsamsreligionen so 
erfolgreich in der Volksverführung sind. Die europäische Aufklärung des 18. Jahrhunderts 
vermochte ihnen nicht beizukommen. Wieso macht sich ein Papst mit dem Anspruch auf 
Unfehlbarkeit nicht einfach nur lächerlich? Haben die Kulturpessimisten recht, wenn sie 
annehmen, daß Menschen bloß Herdenwesen sind, stets willig, sich auf der Schlachtbank 
eines Krieges für die Anbetung eines Gottes opfern zu lassen? Ist es die Einfachheit und 
Sicherheit der Gebote und Regeln, die es der Masse schlichter Gemüter erlauben, sich in 
der immer komplizierter werdenden Welt bleibend orientieren zu können? 
Mit der weltweiten Zunahme an Elend und Armut mag ein Erstarken der religiösen Heilserwartungen plausibel sein. Gerade die Entfremdung und Unübersichtlichkeit der technisch-wissenschaftlichen Zivilisation hat im Zuge der Globalisierung den religiösen Fundamentalismus und nationalistischen Rassismus auf den Plan gerufen. Um so wichtiger wäre die Förderung einer Gegenbewegung, die am nachvollziehbaren Hang der Massen nach einfacher und sicherer Orientierung anknüpfen sollte. Nach der antiken Aufklärung über die Mythen und der neuzeitlichen Aufklärung über die Religionen ist es an der Zeit, eine dritte Aufklärung über die Kulturen auf den Weg zu bringen.